Chambers and Partners ist zweifellos eine der besten Publikationen von Anwaltsrankings. Law Business hat mit Francesca Lean, ihres Zeichens Europe Deputy Editor bei Chambers, über die internen Abläufe des Rankings gesprochen und nachgefragt, welche Massnahmen zu einem besseren Ranking führen.
Das Interview führte Law Business Unternehmensberater und Rankingexperte Alexander Gendlin.
Alexander Gendlin: Wie lange arbeiten Sie bereits bei Chambers?
Francesca Lean: Seit über 2 Jahren.
Alexander Gendlin: Für welche Länder führen Sie Recherchen durch?
Francesca Lean: Ich bin hauptsächlich für Frankreich, Italien, Schweiz, Finnland und die baltischen Staaten verantwortlich.
Alexander Gendlin: Wie viele Personen arbeiten in Ihrem Team?
Francesca Lean: Zurzeit sind 21 Researcher, 4 Deputy Editors und 4 Assistant Editors im Europa Team tätig. Die Teamgrösse hängt natürlich immer von der Anzahl der Länder ab, die wir untersuchen.
Alexander Gendlin: Wie beurteilen Sie die Qualität der Dokumente, die Sie von Kanzleien für Submissions (Submission = Einreichung aller notwendigen Dokumente durch eine Kanzlei an die Rankings, Anm. d. Red.) zugeschickt bekommen?
Francesca Lean: Die Qualität schwankt sehr stark. Es hängt einerseits natürlich von der Erfahrung einer Kanzlei mit Rankings ab. Andererseits stellen wir fest, dass Marketingverantwortliche der Kanzleien uns sehr oft viel bessere Submissions zusenden als die Anwälte selber.
Die besten Submissions entstehen, wenn sich die Verantwortlichen an unsere Guidelines halten und z. B. wirklich nicht mehr als 10 Deals (Deal = Ein Fall / Mandat, an dem eine Kanzlei arbeitet, oft auch als „Matter“ oder „Causa“ bezeichnet, Anm. d. Red.) einsenden.
Manche Kanzleien denken, dass sie alle Deals des vergangenen Jahres an uns senden müssen. Solche Dokumente enthalten dann bis zu 30 Deals. Wir haben aber einfach nicht die Zeit, all diese Informationen zu verarbeiten. Es ist viel besser uns 10 gute Deals zu senden – solche Submissions haben die besten Chancen gut bewertet zu werden.
Es sollte natürlich immer klar verständlich sein, warum ein Deal als Highlight ausgewählt wurde. Man sollte genau begründen, warum ein Deal schwierig war und nicht einfach nur schreiben „Der Deal war schwierig“.
Es ist auch nicht ausreichend nur zu schreiben „Wir haben bei Corporate Deals beraten“, ohne zu sagen, was denn diese Deals gewesen sind. Als positiv sehen wir an, wenn eine Kanzlei angibt, wer auf der Gegenseite des Deals gewesen ist – solche Informationen helfen uns, den Markt zu verstehen. Wir sind auch sehr dankbar für Links über publizierte Artikel zu dem Deal. Das trägt zu mehr Hintergrundinformationen des Deals bei.
Alexander Gendlin: Abgesehen von den bereits gemachten Vorschlägen – Was sind die meisten Fehler, die Kanzlei bei Submissions machen?
Francesca Lean: Die meisten Kanzleien tragen keine Informationen in unsere Sektion B9 ein. Dieses Kapitel erlaubt es aber den Kanzleien deutlich darzustellen, worin ihre Stärke besteht und wie sich die Kanzleien von ihren Mitbewerbern unterscheiden. Manche Kanzleien benutzen unsere Vorlagen überhaupt nicht. Das macht es für uns natürlich schwerer, die Daten auszuwerten.
Des weiteren wird unser Kapitel bezüglich der Auslandserfahrung von Anwälten nicht richtig verwendet. Es macht wenig Sinn hier einen Anwalt als Auslandsexperten zu nennen, der gerade mal ein Jahr im Ausland war. Wir benötigen hier weiterführende Informationen über die Deals, an denen die Person gearbeitet hat sowie über Klienten die betreut wurden. Aus diesen Informationen muss dann klar hervorgehen, dass die Person sich in dem jeweiligen Land wirklich gut auskennt.
Alexander Gendlin: Welchen wesentlichen Hinweis möchten Sie Kanzleien geben, wenn es um die Zusammenstellung von Submissions geht?
Francesca Lean: Ich denke das Wichtigste ist es, eine Deal-Beschreibung zu finden, die einerseits genau sagt, warum ein Deal etwas Besonderes war und andererseits nicht zu technisch wird. Bei manchen Deals ist es rasch ersichtlich, warum sie als Highlight genannt wurden. Aber bei anderen müssen einfach mehr Details genannt werden, damit man es nachvollziehen kann. Ein Deal kann durchaus ein geringes Volumen haben, jedoch als Präzedenzfall den Markt entscheidend beeinflussen.
Bei Client Referees denken viele Kanzlei oft, dass sie nur Personen angeben können, die in den jeweiligen Firmen die allerhöchsten Positionen einnehmen. Das ist überhaupt nicht notwendig, da wir das Klienten-Feedback nicht mit der Position des Firmenranges gewichten. Es ist im Gegenteil sehr oft der Fall, dass CEOs und andere Top-Executives gar nicht direkt mit den jeweiligen Anwälten in der operativen Arbeit zu tun haben und uns daher gar nicht ein so detailliertes Feedback geben können wie diejenigen, die täglich mit der Kanzlei zusammenarbeiten.
Wir verwenden ausserdem ein Klienten-Tracking. Hier zeichnen wir auf, wie oft ein Klient bereits angefragt wurde. Wenn ein Klient innerhalb der letzten 6 Monate kontaktiert wurde, dann schreiben wir die Person nicht mehr an. Wenn wir mit einem Klienten sprechen, dann bitten wir diesen über alle Kanzleien zu sprechen, mit denen der Klient zu tun hatte. Natürlich stellen wir diese Frage erst nachdem wir ein ausführliches Interview mit dem Klienten über die Kanzlei geführt haben, die ihn genannt hat.
Wenn eine Kanzlei als Client Referees andere Anwälte angibt, dann empfiehlt es sich nur solche zu nennen, die in einem anderen Land tätig sind. Damit kommen die genannten Anwälte nicht in Versuchung mehr über die eigene Praxis zu sprechen als über die der Kanzlei, von der sie uns genannt wurden.
Alexander Gendlin: Wie sollen sich Kanzleien bei der Submission für so sensible Rechtsgebiete wie Private Clients oder White Collar Crime verhalten? In solchen Rechtsgebiete können Kanzleien bestenfalls Minimalinformationen bereitstellen. Verschwiegenheit ist ja das Kerngeschäft der Rechtsbranche.
Francesca Lean: Wir verstehen natürlich, dass Kanzleien hier keine oder nur sehr wenige Details bereitstellen können und erwarten hier daher keine solchen Angaben. Hier empfehlen wir, uns über die eigene Arbeit anonymisierte, generelle Umschreibungen zuzusenden und als Client Referees andere Anwälte zu nennen, die ebenfalls in diesem Rechtsgebiet arbeiten. Allgemeine Umschreibungen können z. B. lauten: „Wir führen Scheidungen und Familiennachfolgeplanungen in den Ländern XY durch“. Generell ist bei solchen Rechtsgebieten das Feedback anderer Anwälte wichtiger.
Alexander Gendlin: Wenn eine Kanzlei das erste Mal eine Submission abgibt, dann ist es für die Kanzlei sehr schwierig gleich auf einem hohen Rang platziert zu werden. Es benötigt in der Regel mehrere Submissions-Runden bis die Kanzlei die hohe Platzierung erhält, die sie wirklich verdient. Wie kann eine Kanzlei diesen Prozess beschleunigen?
Francesca Lean: Es ist notwendig uns die angefragten Informationen zuzusenden und genau aufzuzeigen, warum Deals als besonders gelten. Es sollte auch sichergestellt werden, dass die genannten Client Referees über unsere bevorstehenden Anfragen informiert werden. Wenn man das einhält, dann steigen die Chancen auf ein gutes Ranking bereits sehr stark. Während unserer Interviews sollten Anwälte auch über die Verdienste und Fähigkeiten des gesamten Teams ihres Rechtsbereiches sprechen und nicht nur über die eigenen Leistungen berichten.
Darüber hinaus sollten wir eine Kontinuität in der Qualität und Leistung der Kanzleiarbeit sehen, um das Ranking zu erhöhen. Diese Vorgehensweise ist in Wirklichkeit sehr gut für den gesamten Markt. Würden wir hier nicht vorsichtig genug sein und kurzfristige Entwicklungen zu stark gewichten, dann würden die Rankings sprunghaft und bald sinnlos werden. So würde dann z. B. eine Kanzlei für ein gutes Jahr den Rang 1 erhalten und im nächsten dann auf den Rang 4 fallen, wenn das Folgejahr nicht genauso gut war wie das letzte.
Wir verstehen, dass es für eine Kanzlei, die sich in einem höheren Rang sieht, so wirkt, als ob wir hier übervorsichtig wären. Aber wir müssen eben eine gewisse Kontinuität in der Kanzleileistung sowie im positiven Client Referee Feedback registrieren, um die Steigerung durchzuführen. Wir nehmen unseren Evaluierungsprozess sehr ernst und ohne eine entsprechende Vorsicht könnten die Ranglisten sich viel schneller verändern, als das im Markt wirklich der Fall ist.
Alexander Gendlin: Ich bedanke mich vielmals für das Interview!
Alexander Gendlin ist Autor des weltweit ersten Buches über Kanzleirankings (C.H. BECK, MANZ, STÄMPLFI Verlag).