Was hat es mit dem plötzlichen Ende von unser allem „liebsten“ Ranking auf sich?
Es waren, vorsichtig ausgedrückt, gemischte Gefühle im Raum, als ich während eines Kundenbesuches vom Ende des PLC Which Lawyer? Rankings erfuhr. Die Bewertung von Kanzleien und Anwälten polarisiert zwar seit ihrer Entstehung, hat sich aber von bescheidenen Beginnen zu einem echten Industriezweig ausgeweitet. Rankings haben sich in der Branche so etwas wie einen Zahnarztstatus erarbeitet: Keiner mag ihn wirklich und viele lassen sich erstaunlich kreative Wege einfallen, um den Besuch beim Dr. Directory zu verschieben – aber am Ende sind sich die meisten einig, dass man um den Termin nicht herumkommt, zumal nach der Untersuchung alle kollektiv erleichtert sind.
Warum ist also PLC Which Lawyer? offline gegangen? Wird es als nächstes Chambers und Legal 500 treffen? Bricht die Rankingindustrie zusammen?
Um den Ärztevergleich weiter zu strapazieren, lässt sich sagen, dass Chambers die meiste Kompetenz hat und die besten Diagnosen stellt, Legal 500 ebenfalls über ein gutes Handwerk verfügt und PLC Which Lawyer? mit Abstand die schmerzhaftesten Bohrer hatte. Wer regelmässig die clever verwirrenden PLC Templates ausfüllen musste, weiss, was ich meine.
Ich betreue Kanzleien beim Vorbereiten von Submissions seit 2004 und die meisten unserer Kunden haben die Ergebnisse von PLC Which Lawyer? immer mit besonderer Skepsis betrachtet. Vor allem die kombinierten Ergebnisse über alle Rechtsgebiete hinweg, konnten schon mal nicht immer nachvollzogen werden. Auch die Abbildung der jeweiligen Ländermärkte wurde kritisiert. Warum haben Kanzleien also dennoch mitgemacht?
Der Grund dafür ist auch gleichzeitig der Grund für den Erfolg der Rankingindustrie: Immaterielle Dienstleistungen, speziell so komplexe wie die juristischen, lassen sich nur sehr schwer vor dem Erwerb auf Qualität untersuchen. Sogar im besten Fall, dass eine Kanzlei bereits in der Vergangenheit engagiert wurde, fragt sich der Klient, ob die Kanzlei nach wie vor das Niveau von vor z. B. 3 Jahren hat, der damals beteiligte Anwalt noch da ist, wie das Zusammenspiel der notwenigen Rechtsgebiete funktioniert und ob die Kanzlei von ihrer Grösse und Ausrichtung überhaupt (noch) zur Firma des Klienten passt.
Nachvollziehbare Auswahl von Kanzleien und Anwälten.
Klar, Mandantengewinn funktioniert nach wie vor auch auf persönlicher Empfehlungsbasis – doch der Erfolg dieses Systems endet spätestens dann, wenn man innerhalb der Klientenfirma Entscheidungsträgern ein objektives, zahlengestütztes Argumentarium für die Auswahl einer Kanzlei vorlegen muss. Noch dazu mit dem Bewusstsein, dass z. B. ein Prozess verloren gehen kann oder Vertragsgestaltungen schieflaufen können und man folglich für die Auswahl der Kanzlei geradestehen muss. In solchen Fällen muss die Auswahl der Kanzlei eben möglichst neutral und quantifizierbar abgelaufen sein. Rankings decken genau das ab (da spreche ich noch gar nicht von internationalen Referenzempfehlungen von Anwälten, die ebenfalls sehr oft auf den Rankings erfolgen).
PLC Which Lawyer? ist aber auch vor allem durch eines aufgefallen: Die ständige Nachfrage nach Werbeeinschaltungen in parallele Schwesterpublikationen, die eben nicht das Hauptranking führten. Hier haben wir unseren Kunden meistens empfohlen, nicht teilzunehmen, weil es eben kaum Sinn macht, sich auf Nebenschauplätzen aufzureiben, wenn es ohnehin ein Hauptnachschlagewerk gibt. Meine Einschätzung ist, dass PLC Which Lawyer? sich intern nicht einigen konnte, welche Linie verfolgt werden soll. Am Ende haben sich die Nebenschauplätze durchgesetzt. Die sog. „Multi-jurisdictional guides“ sind auch nach wie vor online und bieten pro Rechtsgebiet eigene Rankings an.
Welche Auswirkungen hat das Ende von PLC Which Lawyer?
Auf der einen Seite sehe ich, dass Kanzleien die hier frei werdenden Ressourcen nicht automatisch in neue Rankings investieren. In diesem Fall werden die Kräfte auf bestehende gute Rankings wie, wohlgemerkt beispielhaft aufgezählt, Chambers, Legal 500, IFLR oder auch WTR 1000 und The Lawyer umgeschichtet werden. Andererseits leiten Kanzleien nach wie vor zu viel Energie und Zeit in weniger bedeutende und sehr fragwürdige Publikationen. Hier wird es, leider, mehr Zulauf in Publikationen geben, deren Evaluierungsprozess nicht klar nachvollziehbar ist, weil keine Daten über die Arbeit von Kanzleien zur Erstellung von Rankings verwendet werden.
Der Zahnarztbesuch bleibt uns also nach wie vor erhalten. Meine Empfehlung an Kanzleien ist, sich gut zu überlegen, welches Ranking, warum bedient wird. Erste Fragen können wir gerne unverbindlich unter office@lawbusiness.at beantworten.